KHZG: Macht attraktiv. Und auch erfolgreich? Erfolgsfaktoren am Beispiel des Fördertatbestandes Patientenportal aufgezeigt

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Erklärtes Ziel der Digitalisierung im Gesundheitswesen ist es, Prozesse zu verbessern um damit die Versorgungsqualität für Patient:innen zu verbessern.

Ein Patientenportal im Sinne des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) ist daher weit mehr als ein nettes Feature − es macht den gesamten digitalisierten Behandlungsprozess für die Patient:innen sichtbar und souverän nutzbar. Dieser Anspruch bedeutet aber auch mehr eigenverantwortliches Handeln von den Patient:innen selbst. Eine einheitliche User Experience über alle Krankenhausportal hinweg oder zumindest innerhalb einer Region würde dies natürlich unterstützen. Aktuell wird das Portal individuell gefördert.

Es erhöht das Vertrauen der Patient:innen in die Klinik, wenn transparent wird, welche nächsten Schritte für sie geplant sind und wo sie sich im Portal darüber informieren können. Das ist die Stärke der Patientenportale, aber auch gleichzeitig die Herausforderung für das Krankenhaus, denn nicht nur Qualität wird damit nach außen hin sichtbar gemacht werden. Hier erfolgreich zu sein, setzt voraus, dass alle Prozesse, die später über das Portal abrufbar werden sollen, nicht nur digitalisiert, sondern optimiert wurden.

Das Patientenportal ist daher sicher der anspruchsvollste aller Fördertatbestände und kann von den anderen nicht losgelöst betrachtet werden. Als digitale Repräsentanz der Klinik wird es ein zukünftiges Aushängeschild werden und ermöglicht der Klinik zusätzliche Einkünfte über kostenpflichtige Mehrwerte oder die Anbindung  DiGA-basierter Geschäftsmodelle.

Das Scheitern von Digitalisierungsprojekten hat oft vielfältige Gründe

Es gibt natürlich vielfältige Gründe, woran die Umsetzung von Projekten scheitert. Für das KHZG mit seinen vorgegebenen Fördertatbeständen scheidet eine agiles Projektmanagement quasi aus, da diese über den Scope gesteuert werden, welcher über die Fördertatbestände festgeschrieben ist. Wir sprechen hier also von klassischem Projektmanagement mit den drei Achsen: Zeit, Kosten und Qualität. Die Zeit ist vorgegeben, die Kosten sind in den meisten Bundesländern über Fördermittel abgedeckt, bleibt die Qualität. Da befinden wir uns nahe am agilen Scope und es macht Sinn, agile Werte wie Vertrauen und Transparenz genauer zu betrachten.

Transparente Kommunikation als Erfolgsfaktor

Ein grundlegender Erfolgsfaktor für Projekte ist sicherlich die transparente Kommunikation des Projektes und seiner Ziele. Meist werden Projekte in eine eigenständige Projektorganisation ausgegliedert und nach Projektabschluss soll das Ergebnis wieder in die Linienorganisation überführt werden. Dabei kommt es naturgemäß zu Veränderungen. Diese Veränderungen sollten bereits vor Projektstart adressiert werden. Am besten ist es, wenn die vom Projekt betroffenen Mitarbeiter mit in die Umsetzung integriert werden, denn das schafft Vertrauen in die Lösung. Und nun mag sich jeder fragen, ob er auch in seinem Krankenhaus darüber informiert hat, was das KHZG für jeden individuellen Mitarbeiter bedeutet? Es wird im Nachhinein schwerer, etwas einzuführen, wenn keine Teilhabe besteht und weder Vertrauen noch Verständnis für die Lösung vorhanden sind.

Das KHZG ist insofern ein großartiges Förderprogramm, als diese Aufwände für Einführung und Schulungen adressiert sind und in die Antragstellung mit aufgenommen werden können.

Erarbeitung von Mehrwerten als Erfolgsfaktor

Ein Digitalisierungsprojekt ist nicht dadurch erfolgreich, dass Technik gebaut wird, sondern wird es dann, wenn die Verwendung der Technik einen echten Mehrwert für Anwender:in und/oder Patient:in bringt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Umsetzung der Fördertatbestände Auswirkungen auf die Organisation und auf deren Prozessabläufe haben.

Das KHZG erzeugt mit seinem Patientenfokus ein Spannungsfeld, da die Anforderungen der hierarchisch geprägten Ablauforganisation in Krankenhäusern zuwider laufen. Eine hierarchische Struktur ist für das reibungslose Funktionieren einer Klinik in der Leistungserbringung, also der Behandlung, unerlässlich. Allerdings ergibt ein hierarchischer Entscheidungsprozess nicht immer Sinn.

Wenn beispielsweise eine neue Technologie eingeführt werden soll, die vorwiegend von Intensivpersonal genutzt wird, dann macht ist wenig zielführend, die etablierten hierarchischen Entscheidungswege zu nutzen; hier muss genügend Flexibilität vorhanden sein, um mit dem tatsächlichen (!) Nutzer, ein optimales Ergebnis zu erarbeiten.

Eine nutzerzentrierte Herangehensweise hilft natürlich auch dabei, die Akzeptanz für Veränderungen in einer Organisation zu erhöhen. Je mehr ich die späteren Nutzer einbinde und ernst nehme, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Neuerung auch erfolgreich Verwendung in der Praxis findet. Das gilt vor allem für die nötig werdenden Anpassung der klinischen Kernprozesse: Digitalisierung bedeutet, wenn man sie ernst nimmt nicht Elektrifizierung von Papier, sondern die gleichzeitige Optimierung analoger Prozesse, um digitale Mehrwert überhaupt heben zu können. Einer sinnvollen Umsetzung geht die Erarbeitung dieser Mehrwerte voraus oder begleitet diese zumindest.

Realisierung des Erfolgs = Organisationsentwicklung + Changemanagement

An dieser Stelle lohnt sich ein erneuter Blick auf den Fördertatbestand 2, das Patientenportal. Aktuell wahrscheinlich das Sorgenkind aller Klinik IT-Leiter -?-

Sammelt man die Anforderungen aus dem Fördertatbestand und stellt sie den davon betroffenen Klinikprozessen gegenüber, dann muss man ernsthaft darüber nachdenken, ob eine Klinik-IT heute so aufgestellt ist, dass sie die Anforderungen, überhaupt umsetzen kann. Derzeit dominiert eine Silostruktur die Szene, die sich historisch aus den Prozessen der einzelnen Fachabteilungen herausgebildet hat. Das Portal bringt jedoch eine Patienten Journey mit, die quer zu den etablierten Strukturen verläuft. Zur Umsetzung wird ein crossfunktionales Team aus allen Silos benötigt. Ist es sinnvoll diese auch für den Betrieb aufrecht zu erhalten? Dann stehe ich auch vor einem Changeprojekt meiner IT-Organisation. Und das immer verbunden mit der Frage, ab wann es denn Sinn macht, die Dienstleistung komplett in die Cloud auszulagern.

Aktuell sind wir noch in der Antragsphase. Je weiter wir in der Umsetzung der KHZG-Anforderungen fortschreiten, desto größere Risse werden sich auftun und desto größer wird die Belastungsprobe für die Krankenhäuser.

Wie sieht die Erfolgsformel aus?

digitale bzw. digital unterstützte Versorgungsprozesse + neue Geschäftsmodelle = (monetärer) Erfolg
Realisierung des Erfolgs = Organisationsentwicklung + Changemanagement

Alles deutet darauf hin, dass die digitalen Services in der Klinik, wie Dokumentation, Verwaltung bis hin zur Diagnose und OP-Unterstützung ausgelagert werden müssen. Das Abschälen einzelner Prozesse mag schrittweise erfolgen, aber die Veränderung wird kommen und es braucht eine individuelle Strategie, wie man als Krankenhaus mit ihr umgeht bzw. eine Strategie aufseiten des Gesetzgebers, wie man den Zusammenbruch des Bertriebs verhindern will.

Aus konkreten Lösungen und Produkten eine Win-win-Situation für Klinik und Patient:innen herbeiführen

Mit den Mitteln aus dem KHZG zum Patientenportal: Förderfähige Tatbestände und deren Umsetzungsprojekte verhelfen nicht unbedingt zu Glanz und Glamour, können eine Klinik aber auf vielfältige Art attraktiver machen.

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