Wachsende Herausforderungen an digitale Transformation der Krankenversicherungen
Die zunehmend schwierigen Rahmenbedingungen der GKV – von Demografie bis Umweltbedingungen, die immer tiefer greifende digitale Transformation im Gesundheitswesen und die steigenden Kundenerwartungen stellen sowohl klassische Geschäftsmodelle als auch Arbeitsweisen und Werte sämtlicher Akteure zunehmend infrage. Die Positionierung einer Krankenkasse ist zudem stärker denn je auch mit digitalen bzw. hybriden Angeboten verbunden.
Stoßrichtung der zahlreichen Gesetzesinitiativen zur Digitalisierung des Gesundheitssystems der letzten Jahre ist die Schaffung von neuen digitalen Ausgestaltungsmöglichkeiten für Produkt- und Prozessinnovationen. Damit einhergehend rücken vor allem die Krankenkassen als Versorgungsmanager in den Fokus und es verändert auch die Erwartungshaltung der Kund:innen.
Sind die Krankenkassen in der Lage, die vom Gesetzgeber vorgedachten neuen Optionsräume auch zu nutzen? Welche Hürden konkret stellen sich bei der Gestaltung digitaler Versorgungsprodukte in den Weg? Wie sieht die Kassen-Perspektive aus, wo sehen sie Integrationspotenziale?
Diesen Fragen sind wir gemeinsam mit dem „Kompetenzzentrum Digitale Transformation“ an der Universität Osnabrück (Fachbereich Wirtschaftsinformatik) nachgegangen. In der zweiten Ausbaustufe unserer bereits 2021/2022 durchgeführten Studie zum digitalen Reifegrad der GKV haben wir ein Zielbild für die GKV entwickelt, das sich an den aktuellen Herausforderungen der nächsten fünf Jahre sich orientiert und die wissenschaftliche Grundlage für die Benchmarkstudie zur Digitalisierung der GKV bildet.
Benchmarkstudie Digitaler Reifegrad 2.0
Messungen des digitalen Reifegrades schaffen kassenintern und kassenübergreifend die Grundlage für ein effektives und nachhaltiges Management und Benchmarking der digitalen Transformation. So lassen sich der Status leichter erheben und Ziele leichter identifizieren, konsensieren und erreichen. Auch wird die digitale Transformation von einem bereichsübergreifenden, gemeinsamen Verständnis in den verschiedenen Organisationseinheiten getragen.
Im Rahmen einer deutschlandweiten Mixed-Methods-Studie (quantitative und qualitative Befragung über Fragebogen und explorative Interviews von Verantwortlichen für Digitalisierung und Versorgung in Krankenkassen) haben wir aufschlussreiche Erkenntnisse zu weiteren Stolpersteinen und bewährten Vorgehensweisen gewonnen.
Hier finden Sie Informationen zur Studie:
Beratung und Unterstützung
Reifegradmessung | Digitale Rendite
Ausgangslage
Ausgangslage
Spätestens mit ePA & eAU ist klar: An der TI kommt keiner vorbei. Immer mehr Nutzergruppen betreten das Feld.
Zielstellung
Zielstellung
Die Krankenversicherer in Deutschland sind verschiedenen Herausforderungen ausgesetzt. Der demographische Wandel wirkt sich auf die Versicherten- und die Angestelltenstruktur aus, die Kosten der Versorgung bleiben weiter ansteigend und die Corona-Krise hat die Einnahmesituation zusätzlich erschwert. Gleichzeitig waren und sind in den zurückliegenden und bevorstehenden Jahren zahlreiche Reformen und digitale Vorhaben zu stemmen. Uns hat interessiert, ob und wie es die verschiedenen Krankenkassen in Deutschland – große wie kleinere, gesetzliche wie private – unter den beschriebenen schwierigen Voraussetzungen geschafft haben, echte digitale Fortschritte zu erzielen und sich gut aufzustellen für die Herausforderungen der Zukunft.
Dimensionen der Befragung
Dimensionen der Befragung
1. Dimension | Organisatorische, kulturelle und strategische Fragen: Wie geht eine Kasse mit Entwicklungsprozessen um, wie sorgt sie für Veränderung, wie flexibel kann und möchte sie sein? Wie wird Innovation und Agilität organisiert?
2. Dimension | Struktur und den Umfang der (realisierten oder geplanten) digitalen Angebote der Kassen; ein Schwerpunktthema ist der Umgang mit der geforderten ePA-Lösung.
3. Dimension | Technische Fragen zu den verwendeten Daten und Datenformaten, zu Prozessen und Automatisierung sowie zu den verwendeten Systemen und deren Integration.
Durchführung der Mixed-Method-Studie in drei Ausbaustufen
Durchführung der Mixed-Method-Studie in drei Ausbaustufen
- Explorative Phase: Durchführung der qualitativen Tiefeninterviews + Ergänzung durch qualitative und quantitative Fragenbögen [abgeschlossen]
- Quantitative Phase: Gut skalierbare Erhebung mittels qualitativer/quantitativer Fragenbögen [laufend]
- Freie Nutzung des Reifegradmodells als Online-Tool [geplant] (voraussichtlich Q3 2022)
Ausbaustufe 1 (Explorative Phase)
Hier präsentierte Ergebnisse stammen aus der Phase 1 (Explorative Phase). Sie wurden auf zweierlei Wegen generiert:
- Zum einen wurden bei den Kassen Verantwortliche für digitale Innovationen in Versorgung und Verwaltung in intensiven, einstündigen Interviews in den Bereichen Innovation und Organisation und digitale Angebote befragt.
- Gleichzeitig baten wir die technischen Experten und Expertinnen der Kassen in einem Online-Fragebogen um ihre Einschätzungen der Fortschritte ihrer Kasse im organisatorischen und technischen Bereich befragt.
Es wurden sowohl offene Fragen, Fragen zur Selbsteinschätzung als auch gezielt Fakten bezüglich z.B. verwendeter Systeme, Daten oder Methoden abgefragt.
Ausbaustufe 2 (Quantitative Phase)
Für die zweite Ausbaustufe (Quantitative Phase) wird der Fragebogen auf der Grundlage der Erkenntnisse aus der ersten Stufe überarbeitet und erweitert. Ziel der zweiten Studienausbaustufe ist es, das gut skalierbare Erhebungsinstrument im großen Teilnehmerkreis anzuwenden. Sie können sich noch an der laufenden Umfrage beteiligen!
Ausbaustufe 3 (Online Tool zur Reifegradmessung)
Für die dritte Ausbaustufe ist langfristig vorgesehen, ein Reifegradmodell mit entsprechendem Online-Tool zu entwickeln, das es jeder interessierten Kasse erlaubt, sich selbst einschätzen können und zu vergleichen, wo Sie mit Ihren Ergebnissen im Vergleich zu den Wettbewerbern stehen.
Gleichzeitig wird so eine Fortschritts- bzw. Trendbeobachtung über längere Zeit möglich. Für diese Schritte arbeiten wir eng mit dem Kompetenzzentrum Digitale Transformation der Uni Osnabrück zusammen.
Im Detail: Ergebnisse der explorativen Phase (Ausbaustufe 1)
Im Detail: Ergebnisse der explorativen Phase (Ausbaustufe 1)
1. Dimension: Organisation, Kultur, Strategie
Aspekt 1: Organisatorische Priorisierung
In der erste Fragekategorie, die wir abgefragt haben, wollten wir wissen, wie das Thema „digitale Innovationen“ in den Kassen eigentlich priorisiert, organisatorisch aufgehängt ist.
Praktisch alle unserer Befragten antworteten, dass jede Kasse das Thema Digitalisierung in interdisziplinären Teams adressiert wird und dort gemeinschaftlich an digitalen Lösungen gearbeitet wird. Diese Teams sind mehr oder weniger hoch aufgehängt, aber auf jeden Fall sind sie relativ groß, breit aufgestellt und arbeiten intensiv an Innovationen. Die Zeiten, als ein kleines Team von IT-Experten unbeachtet in einem kleinen Kämmerchen an kleinteiligen Lösungen arbeiteten, scheinen also der Vergangenheit anzugehören.
Der einzige kleine Wermutstropfen, den wir gefunden haben, besteht darin, dass in vielen Kassen die Teams, die sich um innere Prozesse und diejenigen, die sich um Versorgungsprozesse kümmern, noch getrennt arbeiten.
Gemittelte Reifegrad-Scores pro Kriterium: Skala von 1: ungenügend (innen) bis 6 sehr gut (außen).
Die Tage des alten Silodenkens sind vorbei
Im technischen Fragebogen haben wir zusätzlich gefragt, wie sehr die IT-Teams in die Diskussion und Entscheidung strategischer Fragen mit einbezogen werden. Die Hälfte der Befragten gab an, dies geschehe „gelegentlich“, nur in 25 Prozent der Kassen geschieht dies „regelmäßig“ oder „grundsätzlich immer“. Hier sehen wir einen kleinen Widerspruch zu den Aussagen, wie stark integriert die Teams angeblich seien.
Aspekt 2: Innovationskultur
Auf die Gretchenfrage, wie es die Kassen so hielten mit der Innovation, bezeichneten über 90 Prozent der Kassenvertreter die allgemeine Einstellung in ihrem Hause als fortschrittlich. Eine Kasse sieht sich sogar explizit als Innovationstreiber in der Branche. Es fällt aber auf, dass wir vor allem in den größeren Häusern eine Divergenz zwischen dem Gestaltungswillen der Innovationsteams und dem Beharrungsvermögen einer großen Organisation spürbar ist. Insgesamt kann man sagen, dass ein Kulturwandel in allen Kassen begonnen hat und neue Ideen und Methoden zunehmend Unterstützung erfahren.
Ein Kulturwandel hat in allen Kassen begonnen.
Das zeigt sich auch beim Thema Fortbildung, wo wir festhalten konnten, dass die Entwicklung der Mitarbeiter und Führungskräfte bei allen Befragten ein extrem wichtiges Thema darstellt. Digitale Kompetenzen, wie z.B. die Beherrschung agiler Arbeitsweisen steht bei allen Kassen auf dem Lehrplan interner und externer Weiterbildungsmaßnahmen. Der einzige Unterschied, den wir feststellen konnten, liegt im divergierenden Umfang und Teilnehmerkreis: Bei einigen Kassen konzentriert man sich hierbei (noch) auf die Schlüsselteams, die mit Digitalisierungsthemen beschäftigt sind, in andern Kassen sollen möglichst alle Führungskräfte von entsprechenden Schulungen oder Zertifizierungen profitieren, einige wenige machen ein solches Angebot der ganzen Belegschaft. Für einige Stellen werden entsprechende Kenntnisse vorausgesetzt.
3. Aspekt: Strategie und Umsetzung
Zunächst haben wir uns für die jeweiligen Zielbilder hinsichtlich der Digitalstrategien der Kassen interessiert. Mehr als 70 Prozent der Kassen bestätigten, über ein aktuelles, digitales Leitbild zu verfügen. Nach dem Umsetzungsgrad dieses Leitbildes gefragt, ergab sich ein gestreutes Bild:
Mehrheit der Kassen verfügt über ein digitales Leitbild.
Ein knappes Drittel gab sich bei der Umsetzung die Schulnote „gut“ oder „sehr gut“, mehr als die Hälfte nur ein „befriedigend“ oder „ausreichend“ und ein Sechstel sogar nur „mangelhaft“ oder „ungenügend“. Aus den Angaben, die uns die Interviewpartner gegeben haben schließen wir, dass in den meisten Fällen die zentralen Innovationsteams in der Regel gut über die jeweiligen Zielbilder informiert sind, in einigen Kassen aber die digitalen Ziele noch nicht in die ganze Organisation verbreitet werden konnten. Interessant war auch der Effekt, dass bei Kassen, die sowohl an den Interviews als auch der Umfrage teilgenommen hatten, die Interviewpartner ein positiveres Bild gezeichnet haben, als die technischen Experten, die den Fragebogen ausfüllten.
Wir haben auch gefragt, für wie strategisch anpassungsfähig die Kassen ihre eigene Strategie halten und hier gehen die Einschätzungen relativ weit auseinander. Die meisten Kassen sind sehr stolz auf das in den letzten – anstrengenden – Jahren Erreichte. Einige wenige Kassenvertreter sahen sich darüber hinaus als proaktiv-gestaltende Player bei der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens, während ein knappes Drittel zugab, die harten Anforderungen der letzten Monate nur mit Mühe pünktlich umgesetzt zu haben.
Weiterhin haben wir gefragt, ob der Grad Zielerreichung ihrer Strategie regelmäßig evaluiert würde. Nur jede fünfte Kasse musste bei dieser Frage vollständig passen (kein Evaluierungsprozess). Knapp 40 Prozent konnten sogar versichern, in ihrer Kasse einen regelhaften Evaluierungsprozess mehrmals jährlich zu durchlaufen, bei dem der Grad der strategischen Zielerreichung kritisch durchleuchtet würde.
2. Dimension: Technik und Daten
Aspekt 4: Technische Integration
In den ersten zwei Fragen zu diesem Aspekt untersuchten wir die Bewertung des jeweiligen KKIS (Krankenkasseninformationssystem) der Kassen. Uns interessierte einerseits die generelle Flexibilität des KKIS und zweitens die die Integrationsfähigkeit des KKIS in die Telematik-Infrastruktur (TI). Im Durchschnitt bewerteten die Kassen ihr KKIS in beiden Punkten nur mit der Schulnote 3,5. Sowohl die zügige Anpassungsfähigkeit als auch das Zusammenspiel mit der TI-Welt werden also tendenziell kritisch gesehen.
Im zweiten Fragefeld zu diesem Aspekt wollten wir von den Kassen wissen, wie viele der 13 (beispielhaft von uns ausgewählten) Anwendungsbeispiele in der jeweiligen Kasse mit einem einzigen Log-in (Single Sign-on) ausgeführt werden konnten.
Gemittelte Reifegrad-Scores pro Kriterium: Skala von 1: ungenügend (innen) bis 6 sehr gut (außen).
Diese Liste beinhaltete die folgenden Anwendungen:
- Persönlichen Kundenberater erreichen
- Zugang zu Gesundheitswissen
- Facharzttermin buchen
- AU-Bescheinigung einreichen
- SEPA-Lastschriftverfahren einrichten
- Telemedizinische Behandlung
- Erinnerung an Vorsorgetermine
- Impfzertifikat abrufen
- eGK beantragen
- Erinnerung an Medikamenteneinnahme
- Laborwerte an LE
- weiterleiten
- Patientenquittung
- einsehen
- Antrag auf Zahlungsbefreiung stellen
Bei der überwiegenden Mehrzahl der Kassen konnten mit einem Log-in lediglich 3 bis 5 der Serviceleistungen abgerufen werden, bei einer Kasse waren aber beachtliche 9 von 13 Anwendungen mit einer einzigen Anwendung abrufbar.
Aspekt 5: Prozesse und Automatisierung
Befragt, wie viele der internen und Versorgungsprozesse bereits dunkel verarbeitet werden, liegen Antworten bei einer Dunkelverarbeitungsquote von 10 bis 40 Prozent, wobei sich über 80 Prozent der Kassen bei um die 20 Prozent Dunkelverarbeitungsquote verorten. Vor allem hinsichtlich des Potenzials bei internen Prozessen scheint uns dies kein besonders hoher Wert. Allerdings streben alle Kassen eine Verdopplung der Dunkelverarbeitungsquote innerhalb der kommenden 4 bis 5 Jahre an.
Beim Einsatz von RPA besteht großes Potenzial bei den Kassen.
Eine weitere Frage beschäftigte sich mit der Nutzung von Robotic Process Automation (RPA), also der Simulation von Anwenderschritten auf einer Benutzeroberfläche für regelhafte Prozesse (der Rechner führt praktisch die Klicks aus, die sonst ein Sachbearbeiter ausführen müsste). Nur die Hälfte der Kassen setzt aktuell RPA ein. Unserer Meinung nach liegt hier noch einiges Potenzial für die Krankenkassen.
Deutliche Unterschiede waren feststellbar bei der Frage, welcher Anteil der internen Prozesse einer Kasse medienbruchfrei, also ohne Wechsel zwischen verschiedenen Anwendungen, ausführbar waren. Bei einem Drittel der Kassen waren dies nur einzelne (weniger 10 Prozent), bei einem weiteren Drittel einige (10 bis 25 Prozent) und bei einem weiteren Drittel immerhin vergleichsweise viele (25 bis 50 Prozent). Auch diese Angaben sind unserer Meinung nach ein Indiz dafür, dass das Zusammenspiel der verschiedenen Prozesse und Systeme noch verbesserungsfähig ist.
Wir haben auch nach der Nutzung des KIM-Service (Kommunikation im Medizinwesen), das eine geschützte Kommunikation zwischen Akteuren im Gesundheitswesen erlaubt, gefragt. – Über 80 Prozent der Kassen planen, diese neue Kommunikationsoption im Kontakt mit Versicherten und Leistungserbringern zu nutzen.
Aspekt 6: Daten(-struktur)
Die aktuell üblichen Daten- und Datenaustauschformate wie IHE oder die der HL7-Familie, wie FHIR und CDA-Formate, aber auch zahlreiche andere werden von allen Kassen verwendet. Hier waren keine signifikanten Unterschiede feststellbar. Die Herausforderung in der Zukunft wird eher sein, diese strukturierten Daten durchlässig für interne und Verwaltungsprozesse umfassend nutzbar zu machen. Als mögliche Anwendungsfelder wurden genannt:
- Analytik und Versorgungsmanagement
- Dokumentenmanagement (z.B. eAU)
- Datenaustausch mit Leistungserbringern
- Übernahme von Daten aus Service-Apps zur Dunkelverarbeitung
- Fachanwendungen wie Einweisungs- und Entlassungsprozesse, elektronische Heil- und Kostenpläne, elektronische Verordnungen oder Arztbriefe
In der Bewertung stellt sich für uns die Frage, ob die Kassen an dieser Stelle schon dazu haben, umfassend Gedanken dazu gemacht haben, welche neuen Prozesse sich aus der künftig verfügbaren Datenstruktur noch ableiten lassen könnten.
3. Dimension: Digitale Angebote
Aspekt 7: Innovationssteuerung
Auch in Bezug auf die spezifischen digitalen Angebote (Apps, Portale, Anwendungen) einer Kasse haben uns die etablierten Evaluationsprozesse interessiert. Wir wollten wissen, ob die digitalen Angebote regelmäßig hinsichtlich Anwenderzufriedenheit, Nutzerzahlen und Wirtschaftlichkeit überprüft würden. Es zeigte sich eine ähnliche Staffelung wie schon bei anderen Fragen: 25 Prozent mussten zugeben, dass sie nie oder nur vereinzelt überprüfen, während 50 Prozent angaben, dies „üblicherweise“ zu tun und bei den 25 Prozent in der Spitzengruppe war (nach eigenen Angaben) hierfür ein regelhafter, iterativer Prozess etabliert.
Gemittelte Reifegrad-Scores pro Kriterium: Skala von 1: ungenügend (innen) bis 6 sehr gut (außen).
Weiterhin interessierte uns, ob bei den Kassen auch hinsichtlich der der Erschließung neuer Geschäftsfelder ein ähnlicher, strukturierter und iterativer Prozess etabliert ist. Über 85 Prozent der Kassen konnten dies bestätigen, mit leichten Einschränkungen bezüglich der Häufigkeit der Prozessroutinen.
Natürlich interessierten uns auch die Inhalte, also welches die aktuell verfolgten neue Geschäftsmodelle bei den Kassen wären. Die Antworten lassen sich in 5 Kategorien zusammenfassen:
- Kooperationsmodelle mit neuen Partnern (aus der Wissenschaft oder Wirtschaft, z.B. Venture-Capital-Geber ) zur Erschließung neuer Lösungen für Prävention oder Versorgung
- Neue Anwendungen in den Bereichen wie Nachsorge oder (Sucht-)Prävention oder Telemedizin
- Neue Ansätze Intensivierung der Patientensteuerung, z.B. im Rahmen von DMZ-Programmen
- Entwicklung von Zugangsformaten oder besondere Empfehlung zu ausgewählten DiGAs
- Verdichtung der Kassenangebote, also Vereinigung verschiedener Apps zu integrierten Service-Portalen
Aspekte 8 und 9: ePA-Angebot und Attraktivität für Versicherte
Zur ePA wollten wir zunächst wissen, ob die Kassen beabsichtigen, die minimalen Anforderungen des Gesetzgebers 1:1 umzusetzen, oder ob sie vielmehr ePA-Zusatzangebote planen oder bereits umsetzen. 75 Prozent der Befragten wollen die ePA kurz-, mittel- oder langfristig mit eigenen, Zusatzangeboten erweitern, während das verbliebene Viertel dies zumindest heute noch nicht konkret plant. Hieraus lesen wir, dass vor allem kleinere Kassen mit geringerem finanziellem Spielraum eine abwartende Haltung einnehmen.
Nicht einmal 1 Prozent der Versicherten, der befragten Kassen, haben eine ePA-Konto.
Eine weitere Frage beschäftigte sich damit, wie zufrieden die Kassen, unter Berücksichtigung des bisherigen Kundenfeedbacks, mit ihren eigenen aktuellen ePA-Angeboten sind. Nur ca. 15 Prozent der Kassen sahen ihr Angebot als dem Markt weit voraus an, weitere 25 Prozent sahen sich durchaus der Konkurrenz voraus, der Rest ordnete sich im vorderen Mittelfeld ein. Nur eine einzige Kasse sah sich hinter dem Durchschnitt der Anbieter.
Bei der Frage, wie viele ihrer Versicherten sich tatsächlich für eine ePA registriert haben, fällt auf, dass keine Kasse behaupten konnte, dass mehr als 1 Prozent ihrer Versicherten ein ePA-Konto haben. Bei vielen Kassen liegt die Quote noch unter der Promille-Grenze. Dies ist kein unerwartetes Ergebnis, überraschend war vielmehr, dass fast die Hälfte der befragten Kassen die Zahl entweder nicht nennen konnte oder wollte.
An dieser Stelle interessierte uns natürlich, welche Maßnahmen die Kassen ergreifen wollen, um die Attraktivität der ePA bei Ihren Versicherten zu verbessern. Neben der sicherlich erforderlichen Kampagnenarbeit, die bei einigen Kassen aktuell geplant oder angestoßen wird, wurden übereinstimmend zwei zentrale Erfolgsfaktoren genannt: Einerseits geht es darum, die ePA mit real erfahrbarem Nutzen für Versicherten auszustatten – nur wenn die ePA spürbare Verbesserungen in den Versorgungsprozessen mit sich bringe, könne sich die ePA durchsetzen. Es ginge also darum, die Anwendungen mit echten Mehrwerten auszustatten. Dabei seien die Anwendungen möglichst einfach und anwenderfreundlich auszugestalten. Auf der anderen Seite wurde die Unterstützung der Leistungserbringer, spezifisch der Ärzteschaft als zweiter wesentlicher Faktor genannt. Für die Patient:innen spiele die explizite ärztliche Empfehlung eine große Rolle. Hier gilt es also, bei der Ausgestaltung der ePA-Anwendungen auch auf den Nutzen für die Leistungserbringer zu achten. Als weitere vorgesehene oder angedachte Maßnahmen wurden die Schulung der Mitarbeiter im Kundenkontakt und die Integration der ePA-Nutzung in mögliche Bonusprogramme genannt.
Auch Kassen, die bereits an fortgeschrittenen ePA-Zusatzangeboten arbeiten, zeigen aktuell noch eine gewisse Zurückhaltung, wenn es darum geht, Ihre ePA-Angebote aktiv am Markt oder bei ihren Versicherten zu bewerben, weil sie die aktuelle Nutzenlandschaft als noch zu dünn einschätzen. Es scheint eine Tendenz zu geben, mit großen Marketing-Offensiven zu warten, bis der ePA-Leistungsumfang groß genug ist, um die Versicherten nachhaltig zu überzeugen.
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Projekte, in denen wir durch Kenntnis des Marktes und der relevanten Anforderungen Mehrwerte geschaffen haben