Wozu Beratung?

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 „Wie sich der deutsche Staat globalen Beraterfirmen ausliefert“ titelte vor Kurzem der SPIEGEL. Ausgangspunkt sind durch das Bundesministerium der Verteidigung möglicherweise rechtswidrig vergebene Aufträge in Millionenhöhe. An diesem Aufhänger wird aber (schon im Titel) eine viel weitergehende Behauptung festgemacht: Dass der Staat sich Beratern ausliefere und selbst immer weniger Personal und Kompetenzen hätte, um Aufgaben selbst zu bewältigen, die über die laufende Verwaltung hinausgingen – also: um die Zukunft zu gestalten.

Das ist inhaltlich eine neue Kritik an Beratung. In der Vergangenheit wurde oft der Sinn von Beratung an sich in Frage gestellt. Die Argumentation war typischerweise, dass der Kunde in seinem eigenen Unternehmen doch viel mehr Expertise haben müsse als insbesondere die vielen Berufseinsteiger, die dem Klischee entsprechend auf den Kunden losgelassen würden. Der Sinn von Beratung wurde entsprechend nicht in der Expertise gesehen, sondern darin, Entscheidungen des Managements von außen zu legitimieren und die Verantwortlichen aus der Schusslinie zu nehmen (insbesondere, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen werden).

Was Beratung leistet

Nach unserer Erfahrung und in unseren Projekten stellt sich das Ganze natürlich etwas differenzierter dar. Es gibt eine ganze Reihe von legitimen und sinnvollen Funktionen von Beratung (die nicht ganz scharf voneinander zu trennen sind):

  • Der Blick von außen

ein wichtiger Aspekt der Beratungsrolle ist der Blick von außen. Ein externer Berater bringt Erfahrung von verschiedenen Kunden, ggf. auch aus anderen Branchen oder aus dem Ausland mit, und diese Perspektive wird von Kunden oft gesucht und geschätzt. Ein anderer Aspekt dieser Funktion ist es, mit dem Kunden in einen kritischen Dialog einzutreten und dessen eigene Sicht zu hinterfragen, etwas, das die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft nicht wagen.

  • Die Begleitung von Entscheidungs- und Veränderungsprozessen

Schwierige Entscheidungen – und insbesondere ihre Umsetzung – können oft von einer externen Begleitung profitieren – sei es, um die Daten zusammenzutragen und auszuwerten, sei es, um als neutrale Instanz zwischen verschiedenen Interessen und Sichtweisen zu vermitteln.

  • Die „Verlängerte Werkbank“

Oft geht es gar nicht um das allerneueste Wissen in einem besonderen Spezialthema, aber die jeweilige Organisation verfügt einfach nicht über die notwendige Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die strategisch relevante Transformationsprojekte fachlich, technisch und organisatorisch managen können.

  • Spezielle Expertise

Ja, auch das gibt es. Die Akteure im Gesundheitswesen benötigen zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen, insbesondere in Zukunftsthemen wie Digitalisierung, immer wieder spezielles Know-how.

Die letzten beiden Funktionen bestätigen in der Tat einen Teil der Diagnose des SPIEGELs. Die öffentliche Hand hat aus verschiedenen Gründen nicht überall das notwendige Know-how und Personal – und kann dieses auch nicht kurzfristig aufbauen – z.B. wegen der angespannte Situation am Arbeitsmarkt, wegen langwieriger Ausschreibungsverfahren (in denen oft auch dann zunächst intern gesucht werden muss, wenn das bekanntermaßen aussichtslos ist). Oder Personal wird zwar kurzfristig benötigt, soll aber nicht langfristig aufgebaut werden.

Das Ziel: Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit der Kunden

Egal aus welchen dieser Gründe wir beauftragt werden, unserer Anliegen ist es immer, genau diese dauerhafte Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit unserer Kunden zu sichern. Sei es, dass wir explizite Seminare zu einzelnen Methoden wie z.B. zu agilem Projektmanagement durchführen oder langfristig eng mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kundenorganisation zusammenarbeiten und diesen dann die aufgebauten Strukturen und Prozesse übergeben. Oft beraten und unterstützen wir auch Kunden dabei, eigene Kapazitäten zur Dienstleistersteuerung aufzubauen, um externe Lieferanten möglichst gewinnbringend für die Organisation einzusetzen und das Heft dabei selbst in der Hand zu behalten.

Wir transportieren und diskutieren diese Ideen regelmäßig in verschiedenen Veranstaltungen wie zuletzt an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam im Rahmen eines Seminars zur Beratung im öffentlichen Sektor. Zusammen mit Vertretern der Boston Consulting Group und von KPMG sowie einer Gruppe engagierter junger Studierender hatten wir einen spannenden und gewinnbringenden Austausch zu diesem Thema. Und bei allen kritischen Nachfragen dazu, wie Beratung im öffentlichen Sektor den meisten Nutzen stiftet, war die grundsätzliche Legitimität und Sinnhaftigkeit von Beratung schnell klar.

 


Foto: K. Fritze (Universität Potsdam)

 

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