Qualitätscheck für Digital-Health-Anwendungen

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Patienten, Ärzte, Krankenkassen und Gesundheitspolitik stehen vor einer großen Herausforderung: Wie lässt sich die Qualität der weit mehr als 100.000 verfügbaren Medizin-Apps und weiteren Digital-Health-Anwendungen wie Online-Coaches bewerten? Welche E-Health-Angebote sind für eine bestimmte Patientengruppe geeignet und welche nicht? Wie können Medizinerinnen und Mediziner rechtssicher eine gute App empfehlen? Wie trennen Krankenkassen bei der Kostenerstattung die digitale Spreu vom digitalen Weizen? Und wie macht Gesundheitspolitik digitalen Fortschritt möglich, ohne sich bei der Qualität den Vorwurf des Laissez-faire gefallen lassen zu müssen?

Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt Lösungen auf

Einige Antworten auf diese und viele weitere Fragen geben Sandra Martick und ich im jüngst veröffentlichten Kapitel der Studie „Transfer von Digital-Health-Anwendungen in den Versorgungsalltag“ der Bertelsmann Stiftung. Dieser sechste und vorläufig letzte Teil der Studie mit dem Titel „Transparenzmodell Digital-Health-Anwendungen – Grundlagen, Herleitung und Modell“ baut auf den seit Mitte 2016 erschienenen Kapiteln auf. Die thematische Spannweite reicht dabei von einem Klassifikationsmodell für Apps über neue Ansätze der Forschungsförderung, die Nutzenbewertung, die Vergütung von digitalen Anwendungen bis hin zu der Frage, ob eine Zertifizierung von Apps als Medizinprodukt der richtige Zulassungsweg ist. Herzlichen Dank an die Bertelsmann Stiftung und alle beteiligten Expertinnen und Experten, namentlich Patricia Ex, Sebastian Hesse, Henning Koch, Tobias Neisecke, Joachim Neumann und Laura Oschmann.

In vier Schritten zur Bewertung

Doch wie kann nun ein Qualitätscheck für digitale Anwendungen aussehen? Aufbauend auf unseren Überlegungen für ein Klassifikationsmodell zur Typisierung von digitalen Anwendungen – eine App zur Blutzuckerkontrolle ist schließlich etwas anderes als eine Website mit Rückenübungen – haben wir ein vierstufiges Transparenzmodell entwickelt.

Dieses Transparenzmodell setzt im ersten Schritt auf die Definition von Themenschwerpunkten und eine inhaltliche Eingrenzung: Nur Anwendungen, die einen vergleichbaren Anwendungskontext (zum Beispiel Depressionen) und ähnliche Zielgruppen haben (leicht bis mittelschwer erkrankte Patienten), lassen sich sinnvoll miteinander vergleichen. Im zweiten Schritt wird die zu untersuchende Stichprobe noch stärker eingegrenzt, etwa mit Blick auf die Höhe der Downloadraten, um zum Beispiel gezielt am Markt relevante und weit verbreitete Anwendungen zu identifizieren. 

Transparenzmodell macht echte Vergleiche möglich

Stufe drei des Transparenzmodells bewertet dann die Qualität der jeweiligen digitalen Anwendungen anhand spezifischer Leitfragen und Kriterien wie zum Beispiel: Wie sicher sind die Daten? Welche Wirksamkeitsnachweise liegen vor? Wie ist die Nutzerfreundlichkeit? In der vierten Stufe schließlich unterzieht das Transparenzmodell die ausgewählten Anwendungen einem Vergleich. Beispielhaft seien hier folgende Leitfragen genannt: Beinhalten alle den gleichen Funktionsumfang? Wie groß sind die Unterschiede in der praktischen Anwendbarkeit? Bieten alle ausgewählten Apps die gleiche Gewähr für die Aktualität und Verlässlichkeit der hinterlegten medizinischen Informationen und Entscheidungsstränge?   

Für Kostenträger und Hersteller geeignet

Das von uns entwickelte Transparenzmodell ist als flexibles Framework konzipiert, das auf den jeweiligen Einsatzkontext angepasst werden kann. Mithilfe des Modells ist es bereits in der Grundkonfiguration möglich, alle Arten von digitalen Anwendungen (Apps, Websites, Online-Coaches) und sogar sogenannte hybride Lösungen – also eine Kombination aus persönlicher und virtueller Therapie – einer Bewertung zu unterziehen. Und es lässt sich von Patienten- und Verbraucherschutzorganisationen ebenso anwenden wie von Krankenkassen und App-Herstellern – aus meiner Sicht ein integrativer Pluspunkt im ansonsten nach wie vor stark fragmentierten Gesundheitswesen.

 

Alle sechs Teile der Studie „Transfer von Digital-Health-Anwendungen in den Versorgungsalltag“ finden Sie hier.

 


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