ePA – Do it right! Bürgerorientierung und Wettbewerb schaffen
Die ePA ist da – wie kann sie jetzt optimal eingesetzt werden, um die Gesundheitsversorgung bürgerorientiert und spürbar zu verbessern? Der Gesetzgeber hat ganz neue Perspektiven für die Gestaltung und das Management von Versorgung eröffnet; gleichzeitig bestehen aber auch Hürden und Hemmnisse für Wettbewerb und damit letztlich für Innovationen. Welche Handlungsspielräume und Optionen sich für die Akteure mit der ePA und der Arena der TI bieten und warum mehr Flexibilisierung und die Schaffung von Mehrwerten so wichtig sind, beleuchtete Dr. Kai-Uwe Morgenstern in seinem Vortrag auf der DMEA 2021.
ePA und versorgungsrelevante Aspekte der Telematikinfrastruktur
Seit dem 01.01.2021 ist sie nun da – die ePA. An ihre Zielsetzung einer sektor- und fallübergreifenden und vor allem deutschlandweiten Dokumentation von Behandlungsdaten wird die Hoffnung geknüpft, mit ihr nun einen Enabler für eine schon lange angestrebte Integrierte Versorgung ins Gesundheitssystem gebracht zu haben. Die gleiche Stoßrichtung haben die Bemühungen des Gesetzgebers, den Ausbau der Telematikinfrastruktur (TI) und den der TI-Anwendungen ebenso wie die digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) in der jetzt auslaufenden Legislaturperiode stark vorangetrieben zu haben.
Abbildung 1 zeigt die gesetzlichen Fristen für den TI-Anschluss, die Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und die Anwendungen der TI (ePA und eRezept). Fest steht, dass durch den Rollout der TI-Anwendungen ganz neue Handlungsräume für Versicherte, aber auch alle weiteren Akteure entstehen werden.
State of the ePA: Hürden und Möglichkeiten der ePA-Mehrwerte
Die Implementierung der ePA erfolgt bei den meisten Krankenkassen so, dass nicht nur die Standards umgesetzt werden, sondern auch Mehrwerte geschaffen werden. Hierfür sind im Rahmen der ePA aber nur begrenzte Möglichkeiten gegeben. So kann beispielsweise der Datenaustausch nur über das Frontend der Versicherten erfolgen. Wie die Schaffung von Mehrwerten erfolgen soll, durch Zubau in das Frontend wie in Abbildung 2 („Frontend ePA extra“) gezeigt oder durch eine Zusatz-App, ist eine strategische Entscheidung der Krankenkasse und hängt u. a. davon ab, in wie weit sie sich dem Zulassungsprozess der gematik unterordnen möchte. Je nach Komplexität der Prozesse müssen ggf. noch Mehrwertdatendanken geschaffen werden.
Bereits in der Vergangenheit wurden Netzwerke integriert, die – wenn sie sich nicht den Wegen der gematik bedient haben auch nur im Einzelfall funktioniert haben und zudem oft kostenintensiver waren. Hier stellt die von der gematik geschaffene Telematikinfrastruktur tatsächlich einen Segen dar. Denn durch sie können Prozesse und Daten jetzt konzentriert und deutschlandweit integriert werden.
State of the Arena: Die TI wird flexibilisiert
Die gematik hat mit dem Aufbau der Arena, der TI 2.0 eine erhöhte Flexibilisierung und mehr Wettbewerb in Aussicht gestellt. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Anforderungen mit Blick auf die Reglementierungen und Zulassungsverfahren noch mehr vereinfacht werden müssten, um Hürden für die Schaffung von Mehrwerten weiter abzubauen und noch mehr Wettbewerb zu ermöglichen.
Eine Wettbewerbsordnung der Koopetition sollte hier handlungsleitend sein. Die Schaffung von Mehrwerten und Wettbewerb durch Automatisierung ist machbar – das haben andere Branchen gezeigt. So wird eine schnelle und bürgerorientierte Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens möglich. Erforderlich sind Mehrwerte durch eigene Anwendungen, die an die TI anschließbar sind.
Die Telematikinfrastruktur liefert die Möglichkeit für Kommunikation und Datenaustausch. Sie liefert keine Versorgung, wie Dr. Jörg Caumanns bereits im vergangenen Jahr im seinem Vortrag im Rahmen unseres beta_meets betonte. Diese oben draufzusetzen, liegt in der gemeinsamen Verantwortung und kann zum Beispiel über digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) gelingen. Mit dem Digitale Versorgungsgesetz (DVG) hat sich eine Weltneuheit im deutschen Gesundheitswesen etabliert: Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). Mit dem in der DiGA-Verordnung konzipierten Fast Track erhielten sie vor gut einem Jahr einen neue schnelleren Zugangsweg in die Regelversorgung und damit in die Erstattung durch alle gesetzlichen Krankenkassen.
Ausblick: ePA + übergreifender Service (z.B. DiGA) = (integrierte) Versorgung neu denken!
Bislang gibt es durch die bestehende sektorale Trennung wenig abgestimmte Versorgungsprozesse. Es sind weder übergreifende Prozesse noch ein übergreifendes Management dieser Prozesse sichtbar (ausgenommen: Selektivverträge; aber auch hier ist die Dokumentation nicht sektorenübergreifend). Mit dem TSVG, DVG und PDSG werden nun ganz neue Perspektiven für die Gestaltung und die Steuerung von Versorgung eröffnet. Ein denkbares Zielbild (Abbildung 3) könnte dann so aussehen: Ein übergreifender Service (z.B. eine DiGA) bildet eine Klammer über das Prozessgeschehen – genau das sind die vom Gesetzgeber intendierten patientenrelevanten Struktur- und Verfahrensverbesserung (pSVV).
Wenn Sie die nächsten Schritte auf dem Weg zu einem bürgerorientierten, digitalisierten Gesundheitssystem mit einer sektorenübergreifenden Versorgung gehen möchten, freuen wir uns auf Ihre Ideen und Projekte.
Für den Start aus der Sommerpause ist ein beta_work zu ePA-Mehrwerten geplant. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website und auf LinkedIN.