DVG Fast Track on Track – Rechtsverordnung und Leitfaden kommen!

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Mit der „App auf Rezept“ hat Deutschland eine Weltneuheit beschlossen. Die gesetzgeberischen Schritte folgten Schlag auf Schlag. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit weit vorn im Rennen um die besten Rahmenbedingungen für digitale Gesundheitsanwendungen. Wie aber sieht die praktische Umsetzung des Fast Track aus? Welche konkreten Anforderungen werden an die DiGA gestellt? Das erhoffen sich viele Akteure aus der mit Spannung erwarteten finalen Fassung der Rechtsverordnung und der Erstveröffentlichung des Leitfadens des BfArM zu erfahren. Da hier noch viel Spielraum besteht, ist sowohl eine weite als auch eine enge Auslegung der Rechtsverordnung möglich. Für Hersteller von Digital-Health-Anwendungen heißt das: sich jetzt entsprechend vorzubereiten, um schnell und möglichst flexibel handlungsfähig zu sein. Die von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmenpakete für Start-ups zeigen zumindest, dass die Notwendigkeit der Unterstützung erkannt wurde; zudem nimmt die Nachricht von einer wahrscheinlichen Verschiebung des MDR-Stichtages weiteren Druck von Herstellern. Man kann – auch in der aktuell schwierigen Situation – durchaus optimistisch in die Zukunft blicken. Denn eines ist sicher: Der DVG-Fast-Track kommt!

 

Ursprünglich für den 31.03.2020 war die Veröffentlichung und Vorstellung des BfArM-Leitfadens im Rahmen einer Veranstaltung des health innovation hub (hih) geplant, wurde aber aufgrund der derzeitigen Corona-Situation verschoben. Wie im Newsletter des hih vom 02.04.2020 zu lesen, wird die Veröffentlichung der DiGA-Rechtsverordnung und des BfArM-Leitfadens für Mitte April erwartet.

Rechtsverordnung und Leitfaden – mit Spannung erwartete Konkretisierungen des Digitale-Versorgung-Gesetzes

Mit dem Leitfaden des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Bewertung digitaler Gesundheitsanwendungen zur Aufnahme in das Verzeichnis nach § 139e SGB V (DiGAV-Leitfaden) wird es eine zusammenfassende Darstellung der Regelungen zum Fast Track des DVG geben: Am 19. Dezember 2019 ist das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) in Kraft getreten und seit dem 15. Februar liegt der Referentenentwurf der „Verordnung über das Verfahren und die Anforderungen der Prüfung der Erstattungsfähigkeit digitaler Gesundheitsanwendungen in der gesetzlichen Krankenversicherung, die Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) vor.

Entscheidend aber scheint für die meisten Hersteller, dass der Leitfaden diese Regelungen interpretiert und damit die durch das BfArM angelegten und damit in der Praxis geltenden Maßgaben transparent macht. Von Herstellern, die einen Antrag auf Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis stellen wollen, hören wir in der praktischen Begleitung immer wieder, dass sie sich vom Leitfaden vor allem verständliche und praxisnahe Hilfen zur Antragstellung, Erläuterungen des Antragsverfahrens und Antworten auf bislang noch offene Fragen erwarten. Zu diesen gehören beispielsweise:

  • Welche Kriterien legt das BfArM an die durchzuführenden Vergleichsstudien an? Das heißt, welche Studientypen sind gefordert und welche weiteren Anforderungen an Studien und die vorzulegenden Ergebnisse werden gestellt?
  • Werden integrierte analoge Leistungen erstattungsfähig sein? Und wenn ja, in welchem Umfang?

Durchaus optimistischer Blick in die Zukunft – auch in der aktuell schwierigen Situation

Auch wenn die Anforderungen noch nicht klar sind und angesichts der offenen Fragen auch durchaus Verunsicherung bei den Herstellern zu verspüren ist, bleibt es doch wichtig, festzustellen, dass sich mit dem Fast Track eine in dieser Form noch nie dagewesene Chance bietet. Die Chance, digitale Innovationen zügig in die Regelversorgung zu bringen und Zugang zu mehr als 70 000 000 Versicherten zu erhalten. Hürden sind da, aber sie sind mit Know-how und der richtigen Strategie auch zu nehmen.

Viele Digital-Health-Start-ups spüren die gesamtgesellschaftliche und wirtschaftliche Verunsicherung ganz unmittelbar: begonnene Vertragsverhandlungen pausieren oder wurden sogar eingestellt, Unterstützungsgelder eingefroren oder zurückgezogen; für einige eine existenzbedrohende Situation. Die Bundesregierung hat Maßnahmen- und Hilfspakete angekündigt: Mit zwei Milliarden Euro soll die Wagniskapitalfinanzierung erweitert werden. Auch wenn wahrscheinlich der Großteil der Start-ups im Digital-Health-Bereich nicht die Unterstützungskriterien erfüllen wird, zeigt die Initiative zumindest, dass die Politik für ihre schwierige Lage sensibilisiert ist: Finanzminister Olaf Scholz möchte das Paket als ein „starkes Signal“ verstanden wissen, dass Start-ups auch in der Krise weitermachen könnten.[i] Seien wir gespannt und optimistisch, was da noch kommt! Zuversichtlich sollte auf jeden Fall die Nachricht stimmen, dass die von vielen Seiten geforderte Verschiebung des Stichtages für die MDR tatsächlich zu kommen scheint.[ii] Das würde vielen Herstellern die Luft verschaffen, um sich in Ruhe auf die Umstellung vorzubereiten – oder doch noch die Übergangsfristen nutzen zu können, um nach „alter“ Regelung MDD Klasse I zertifiziert werden zu können.

So bleibt auch Raum, sich mit den Anforderungen des DVG-Fast-Tracks auseinanderzusetzen und die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Für den Fall einer strengen Auslegung der DiGAV – von der man in der Szene ausgeht – sollten Hersteller sich damit auseinandersetzen, wie u. a. das Geschäftsmodell und der Produktzuschnitt entsprechend ausgelegt und angepasst werden kann, um möglichst flexibel trotzdem handlungsfähig zu sein. Dabei unterstützen wir durch interdisziplinäre Expertise und praktisches Know-how im Rahmen unseres modularen Beratungsangebotes.

Der bisherige Gesetzgebungsprozesses ist agil verlaufen und das bleibt angesichts der Dynamik der Entwicklung nicht aus. Im Rahmen unserer beta_meet-Veranstaltung am 11.02.2020 (siehe dazu hier) hatte Sophia Matenaar, BMG, das weitere Vorgehen als Lernprozess beschrieben, der fundierte Rückmeldungen aufgreife und den Mut habe, offene Punkte den nachfolgenden Schritten zu überlassen. Denn viele Entscheidungspunkte und Szenarien seien derzeit noch gar nicht abzusehen. Dem trage man Rechnung, indem man sich vorbehalte, die aktuelle Entwicklung in der Praxis zu beobachten und entsprechende Anpassungsänderungen vorzunehmen. So kann man vermuten, dass auch der Leitfaden noch weitere Überarbeitungsiterationen durchlaufen wird.

Wir sind in gespannter Erwartung auf die Antworten, die Verordnung und Leitfaden auf die noch offenen Fragen geben werden, und werden zeitnah die relevanten Punkte herausarbeiten. Unsere Erkenntnisse werden wir auch im Rahmen von regelmäßig erscheinenden Beiträgen in unserem Magazin veröffentlichen und in analogen wie digitalen Veranstaltungen vorstellen und diskutieren. Der Fokus wird dabei vor allem darauf liegen, aufzuzeigen, wo Arbeit auf die Hersteller zukommt, wo spezifische Anforderungen zu beachten sind und wo möglicherweise Stolperfallen bzw. Gefahrenpunkte für Hersteller liegen können – beispielweise in den Themenfeldern Nachweis positiver Versorgungseffekte und Datenschutz. 

Wir sind auf jeden Fall gespannt zu sehen, was kommt, wie es in der Praxis läuft und dann das erste Start-up mit seiner DiGA Innovation dahin bringt, wo sie hingehört … zum Patienten!

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[i] Vgl.: tagesschau.de (1.04.2020): Milliardenpaket für Start-ups. Online unter: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/corona-start-ups-101.html

[ii] Vgl.: Johner Institut (25.03.2020): MDR um ein Jahr verschoben. Online unter: https://www.johner-institut.de/blog/regulatory-affairs/medical-device-regulation-mdr-medizinprodukteverordnung/#aktuelles

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