Digitale Vernetzungsplattformen im Gesundheitswesen: Gemeinsames Verständnis und abgestimmtes Vorgehen, um Leuchtturmprojekte in die Breite zu bringen
Innovation und Produktivität ins Gesundheitswesen bringen – das Thema bewegt. Und so war auch die digitale Veranstaltung von Health Care Bayern e.V. in Kooperation mit der Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen (GRPG e.V.) am vergangenen Freitag gut besucht. Unter dem Titel „Digitale Vernetzungsplattformen: Mehr Innovation und Produktivität im Gesundheitswesen?!“ wurden die Ergebnisse unserer Plattform-Studie, die wir in Kooperation mit Flying Health im Auftrag der Siemens Healthineers durchgeführt haben, diskutiert.
Innovation und Digitalisierung sind kein Selbstzweck – Plattformen als Basis für eine sichere und bessere Versorgung
In seinem Impulsvortrag ließ Dr. Thomas Huber (Leiter Abteilung 1: Koordinierung, Digitalisierung, Innovation, Landesprüfungsamt für Sozialversicherung; Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege) erkennen, dass das Thema in Bayern „Chefsache“ ist – und übermittelte die Grüße des Bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek.
Sein inzwischen hundertfach zitiertes Credo „Innovation und Digitalisierung sind kein Selbstzweck, sondern müssen stets den Patienten und denjenigen, die mit den Patienten arbeiten, helfen“ vor Augen erinnerte Huber an die Herausforderungen und Aufgaben, die im deutschen Gesundheitswesen mithilfe der Digitalisierung zu meistern sind: Kosten im Griff behalten und gleichzeitig gute Versorgung sichern; Antworten auf den Fachkräftemangel vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels geben; Sektoren-Silos aufbrechen; Gesundheit und Pflege krisenfest machen sowie Innovation und Produktivität vorantreiben.
Die Corona-Pandemie habe nochmal mit Nachdruck die Schwachstellen unseres Gesundheitssystems offengelegt.
Keine digitale Insellösungen schaffen – sondern durch Plattformen den Austausch vorantreiben
Plattformen, hier sieht Huber die Lösung. Sicher sei, die Nutzung von Gesundheitsdaten müsse vorangebracht werden. Bei allen Aktivitäten sei vor allem die Grundprämisse zu beachten: Keine digitale Insellösungen schaffen! – Sondern durch Plattformen, die ein gemeinsames Arbeiten sektoren- und professionsübergreifend möglich machen, den Austausch vorantreiben!
Wertvolle Arbeit habe die Plattform-Studie geleistet, die hier Begriffsklarheit und damit die Grundlage für ein gemeinsames Verständnis geschaffen habe, so Huber. Auf diesem gemeinsamen Verständnis aufbauend sei nun darauf zu achten, dass die entstehenden Plattformen über die Telematikinfrastruktur (TI) kommunizieren und diese nutzen.
Ebenso sei entscheidend, konkrete Schritte und Verantwortlichkeiten zu vereinbaren: Wie geht es weiter? Wer muss aktiv werden?
Vernetzung, Digitalisierung und Austausch von Daten: Das Erfolgsrezept von digiOnko
Es gibt sie die Leuchtturmprojekte, die einen Weg konkret aufzeigen und inspirieren. Das vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege geförderte Projekt digiOnko ist so eins.
Bei digiOnko , einem integrativen Konzept zur personalisierten Präzisionsmedizin in Prävention, Früherkennung, Therapie und Rückfallvermeidung am Beispiel von Brustkrebs werden Patientinnen von Beginn an durch ein sogenanntes Kompetenzteam individuell und nachhaltig unterstützt. Zu diesem Team gehören Ärzt:innen verschiedener Fachbereiche, Therapeut:innen und alle an der Versorgung beteiligten Einrichtungen wie beispielsweise Praxen, Kliniken, Pflegedienste oder Nachsorge-Einrichtungen, um eine optimale Unterstützung zu gewährleisten. Dabei werden Methoden der digitalen Medizin und reale Betreuungsstrukturen vernetzt und greifen so perfekt ineinander.
Anfängliche Herausforderungen der Interoperabilität, Datenschutz und Aufbau von Governance-Strukturen konnten inzwischen erfolgreich gemeistert werden.
Zu den Arbeitspaketen von digiOnko zählen im Wesentlichen
- die Implementierung der integrierten Versorgung im Rahmen der Früherkennung und des Screenings,
- die Einrichtung von „Digital Home Healthcare Centern“ (Nutzung von medizinischen Daten, die im häuslichen Umfeld erhoben werden),
- die Entwicklung von neuen und die Einbindung von bestehenden spezifischen Health Apps,
- die Auswertung von bestehenden Daten mittels Künstlicher Intelligenz (KI) und
- der Aufbau einer interoperablen Vernetzungsinfrastruktur für Kliniken, Praxen und Früherkennungseinrichtungen sowie die Entwicklung eines integrierten Patientenportals.
Fördernehmer des Projekts sind das Universitätsklinikum Erlangen, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der Medical Valley EMN e.V., die Siemens Healthcare GmbH, das Universitätsklinikum Würzburg sowie das Universitätsklinikum Regensburg. Daneben finden Kooperationen mit Dritten statt (Novartis Pharma GmbH) oder sind im Projektverlauf angedacht (z.B. mit der Bayerischen Krebsgesellschaft oder den Krankenkassen). digiOnko hat eine geplante Laufzeit von vier Jahren bis 2024.
Vernetzung auf medizinischer und menschlicher Ebene
Das Projekt digiOnko zeigt, wie innovative digitale Technik Ärzt:innen dabei unterstützt, noch präziser zu behandeln und durch Vernetzung von Daten neues Wissen über Zusammenhänge erschließt. Und gleichzeitig wird besonders deutlich, dass Digitalisierung und menschliche Zuwendung sich nicht ausschließen – im Gegenteil, sie ermöglicht es, ihr mehr Raum zu geben.
So wird für alle am Versorgungsprozess Beteiligte unmittelbar der Erfolg der vernetzten, gut abgestimmten und datennutzenden und damit grundsätzlich individualisierten medizinischen Versorgung spürbar.
Digitale Vernetzungsplattformen bilden die Basis für solche hybriden Konzepte, die auf bestehenden Betreuungs- und Versorgungsstrukturen aufbauen, die digital ergänzt und optimiert werden.
Leuchtturmprojekte wie digiOnko in die Breite zu tragen – darauf kommt es jetzt an, um das notwendige Mehr an Innovation und Produktivität zu erreichen, zum Wohle der Patient:innen und aller beteiligten Akteure. Denn: Digitalisierung ist kein Selbstzweck.
In weiteren Regionen dieses auszubauen und auf weitere Indikationsgebiete bzw. Versorgungsszenarien auszuweiten – daran arbeiten wir gerne und intensiv mit.
Hier finden Sie weitere Informationen sowie die Studie „Steigerung von Innovation und Produktivität im Gesundheitswesen durch digitale Plattformen“ zum Download.